Ein Großteil der Pflegebedürftigen in Deutschland wird von Angehörigen zu Hause betreut. Die haben Anspruch auf zinsfreie Pflegedarlehen, um Lohnausfälle ausgleichen zu können – doch machen selten davon gebrauch. Warum eigentlich?
2,6 Millionen Menschen in Deutschland sind auf Pflege angewiesen. Zwei Drittel von ihnen werden von Angehörigen zu Hause betreut, die dafür oftmals unbezahlten Urlaub nehmen oder – zumindest vorübergehend – ganz aus dem Berufsleben ausscheiden. Finanzielle Einbußen sind die Folge. Abhilfe können zinslose Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) schaffen, auf die private Laienpfleger während ihrer beruflichen Freistellung gesetzlichen Anspruch besitzen. Mindestens 50 Euro und maximal die Hälfte des fehlenden Nettogehalts können monatlich ausgezahlt werden – bis zu zwei Jahre lang. Das wissen die Meisten allerdings gar nicht.
Nur gut 300 Anträge auf entsprechende Darlehen gab es im vergangenen Jahr, die Zahl der Freistellungen liege jedoch deutlich darüber, so die Schätzungen der Bundesregierung. 1,3 Millionen Euro hatte der Bund 2015 für Pflegedarlehen bereitgestellt, ausgezahlt wurden aber nur 650.000.
Schuld daran ist wohl nicht nur fehlendes Wissen über die Modalitäten von Antrag und Auszahlung, sondern vor allem die Angst, sich zu verschulden. Denn selbst ein zinsloses Darlehen bleibt ein Darlehen, und die Rückzahlungsfristen sind wenig komfortabel. Eine Rückzahlung des Kredits wird nur in Härtefallen erlassen, z. B. wenn der Laienpfleger selbst erkrankt. Wer das Pflegedarlehen volle 24 Monate lang in Anspruch nimmt, hat anschließend auch nur zwei Jahre lang Zeit, es wieder zurückzuzahlen – und das ist den Meisten kaum möglich.
Ein Beispiel: Eine Angestellte lässt sich 24 Monate lang freistellen und verzichtet dafür auf ein Nettogehalt von 1.400 Euro. Sie erhält auf Antrag ein Pflegedarlehen von 700 Euro im Monat, zwei Jahre lang. Nach Ablauf der 24 Monate hat sie weitere zwei Jahre Zeit, diese insgesamt 16.800 Euro zurückzuzahlen. Ist der Angehörige dann immer noch pflegebedürftig, kommt zu den monatlichen Tilgungsraten von 700 Euro entweder weiterhin der Verdienstausfall aufgrund der Freistellung oder die Kosten für professionelle Pflege. Hier lohnt sich eine private Zusatzversicherung, um später das Pflegerisiko abzufedern. Einen entsprechenden Vergleich gibt es hier.
Kurzum: Das zinslose Pflegedarlehen mag ein sinnvolles Konzept sein, dessen Umsetzung jedoch einer umfassenden Nachbesserung bedarf. Gut beraten ist deshalb noch immer derjenige, der schon früh selbst für seine eigene Absicherung sorgt.