Die geplante zweite Stufe der Pflegereform kommt womöglich früher: Medienberichten zufolge soll die Einführung von drei weiteren Pflegestufen sowie die Ausweitung der Leistungen für Demenzkranke bereits in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. Ob auch die Beiträge zur Pflegeversicherung vorzeitig angehoben werden ist dagegen noch unklar.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf eine interne Anhörung im Ministerium berichtet, will Bundesgesundheitsminister Gröhe die Reform vorziehen. Dem Blatt zufolge bestätigte das Bundesgesundheitsministerium die Informationen der Zeitung indirekt: „Gröhe habe immer betont, dass der Pflegebedürftigkeits-Begriff noch in dieser Wahlperiode, also 2017, eingeführt werden solle, hieß es“.
Erste Stufe der Pflegeversicherungsreform tritt bereits 2015 in Kraft
Kommt es tatsächlich so, müsste das entsprechende Gesetz bereits Anfang 2016 verabschiedet werden. Bereits beschlossen ist die erste Stufe in der Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung, die Anfang 2015 in Kraft treten wird. Sie sieht Leistungsverbesserungen für Familien von Pflegebedürftigen und die Finanzierung von zusätzlichem Pflegepersonal in Betreuungseinrichtungen vor. Dafür sind 0,20 Prozentpunkte der insgesamt 0,30 Prozentpunkte umfassenden Anhebung des Beitragsatzes vorgesehen. Mit den Einnahmen aus 0,10 Prozent soll ein Vorsorgefonds finanziert werden, der als eine Art Demographierücklage dienen soll.
Im Zuge der zweiten Stufe soll ein neuer Bedürftigkeitsbegriff eingeführt werden, der insbesondere Demenzkranke besserstellt. Demenzerkrankungen nehmen aufgrund der alternden Bevölkerung deutlich zu und werden von der bisherigen Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs nicht immer erfasst. Dazu werden die Beitragssätze um weitere 0,20 Prozentpunkte erhöht.
Erprobungsphase für neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff erfordert neue Begutachtungs- und Einstufungsvefahren. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat Anfang April dem GKV-Spitzenverband die Durchführung von zwei Modellprojekten dazu genehmigt. Bereits in diesem Sommer werden Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen 4.000 Begutachtungen durchführen und Patienten in die neuen Pflegestufen eingruppieren. Die Ergebnisse sollen Anfang nächsten Jahres vorliegen.
Bislang existieren die Pflegestufen I, II und III, wobei in den Pflegestufen II und II zusätzlich „Härtefälle“ definiert werden können. Umgangssprachlich existiert zusätzlich die Pflegestufe 0: Patienten, die nicht die Bedingungen für eine Einstufung in Pflegestufe I erfüllen, aber dennoch Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung verzeichnen, erhalten seit Juli 2008 einen Betreuungsbetrag von 100 oder 200 Euro im Monat.
Trotz der seit einigen Jahren wachsenden politischen Bereitschaft zur Bereitstellung von Finanzmitteln für die Pflegebedürftigkeit warnen nahezu alle Experten davor, auf den Abschluss einer privaten Pflegeversicherung zu verzichten. Der Staat fördert bestimmte Pflegeversicherungen mit Zuschüssen zu den Beiträgen – Verbraucherschützer hatten den „Pflege-Bahr“ in der Vergangenheit allerdings wegen Lücken im Versicherungsschutz kritisiert.