Seit einem Jahr gibt es die Pflegezeit. Für Arbeitnehmer besteht damit laut die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden je Woche herunterzusetzen (also weniger als 40 % der Zeit zu arbeiten), aber vom Arbeitgeber bis zu 75 % des vorherigen Gehalts zu bekommen. Und das bis zu 2 Jahre lang. Im Gegenzug müssen die Arbeitnehmer danach für weniger Geld arbeiten und den Vorschuss des Arbeitgebers damit wieder zurückzahlen.
Laut Bundesfamilienministerin Kristina Schröder soll das Gesetz zur Pflegezeit Menschen helfen „ihren Beruf und Pflege eines Angehörigen besser miteinander zu vereinbaren“. Doch scheinbar floppt das Vorhaben. Dieses Jahr wurden gerade einmal 135 Anträge für diese Familienpflegezeit gestellt. Und das bei 1,6 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland, die von Angehörigen oder Pflegediensten versorgt werden.
In nur 46 Fällen haben Unternehmen die Möglichkeit genutzt, sich die Vorauszahlung des Gehalts absichern zu lassen. Dabei wurden 782 € Gehaltsunterschied abgedeckt. Auch Versicherungsgesellschaften, welche die sogenannten Familienpflegezeit-Policen anbieten, sprachen von einem Flop.
Die Arbeitgeber scheuen offenbar das Risiko, dass mit einer Vorauszahlung des Gehalts verbunden ist. In vielen Fällen ist auch der Ausfall einer Fachkraft in Pflegezeit für die Unternehmen schlicht nicht verkraftbar, weil man dann beispielsweise für 1 Jahr ein Ersatz einstellen müsse. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisierte das Gesetz dann auch scharf. Für so wenige Einzelfälle hätte es keines Gesetzes bedurft. Man könne das durch individuelle Absprachen im Unternehmen regeln. Einen gesetzlichen Anspruch auf eine solche Regelung bietet das Pflegezeit-Projekt von Kristina Schröder allerdings nicht.
Meine Meinung: Für viele Angehörigen mag zwar eine Pflegezeit wegen der Reduzierung der Arbeitszeit um bis zu 60 % attraktiv sein, wenn man dafür aber trotzdem 25 % weniger Gehalt bekommt, nützt das alles nichts. Wenn das Geld schon vorher gerade so für die eigene Familie gereicht hat, kann man es sich schlicht nicht leisten, weniger Geld nach Hause zu bringen. Auch wenn dann mehr Zeit für die zu pflegenden Angehörigen da ist. Solange die Regierung hier keine vernünftigen Alternativen etabliert bleiben private Zusatzabsicherungen wohl der einzige Weg, um sich selbst und Angehörigen eine würdevolle Pflege zu ermöglichen.
Quelle: Süddeutsche.de
Schreibe einen Kommentar